Psychologen in die Ministerien

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Foto: TaxRebate.org.uk (Lizenz: CC BY 2.0)

Richard Thaler, Ökonom und Verhaltenswissenschaftler an der Booth School of Business an der University of Chicago, berichtet in einem Beitrag für die New York Times von seiner Arbeit für das „Behavioral Insights Team“ der britischen Regierung.

Das Behavioral Insights Team ist eine Gruppe von neun Mitarbeitern und einigen Gastdoktoranden. Das Team wird ehrenamtlich von einigen Wissenschaftlern unterstützt und hat die Aufgabe die britische Regierung mit psychologischer Expertise bei der Politikgestaltung zu beraten. Es lässt sich also mit diversen Sachverständigenräten vergleichen, die in Deutschland die Bundesregierung beraten.

Thaler berichtet in seinem Artikel, wie er bei seinen Arbeitsbesuchen mit einem Teammitarbeiter Besuche bei einzelnen Ministerien absolviert. Er vertritt seiner Aussage nach zwei Grundmaxime, die auch für das gesamte Team stehen:

  • If you want to encourage some activity, make it easy.
  • You can’t make evidence-based policy decisions without evidence.

Für den zweiten Grundsatz hat das Team inzwischen sogar einen Leitfaden veröffentlicht, der erläutert, wie man mit Hilfe von randomisierten kontrollierten Studien (randomized controlled trials) Evidenz für die Gestaltung von politischen Maßnahmen gewinnt. Ein sehr interessanter Ansatz, für den mir persönlich kein vergleichbares, deutsches Beispiel einfällt.

Eine Erfolgsstory für diesen Ansatz kann Thaler ebenfalls anführen. Mit Hilfe des Behavioral Insights Teams hat die Finanzverwaltung ihre Mahnschreiben überarbeitet. In Großbritannien ist es zwar wie in Deutschland üblich, dass die Lohnsteuer direkt vom Arbeitgeber abgeführt wird, aber Selbständige und andere Personen mit sonstigen Einkünften, müssen diese direkt an das Finanzamt abführen. Dieser Zahlungspflicht kommen aber nicht alle Steuerpflichtigen nach.

Das Behavioral Insights Team suchte nun nach Möglichkeiten, psychologische Erkenntnisse zu nutzen, um die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen und wurde fündig. Hilfreich war dabei die Erkenntnis, dass Menschen einer sozialen Norm eher folgen, wenn sie wissen, dass die meisten ihrer Mitmenschen dies ebenfalls tun. Dies machte man sich zu Nutze und fügte bei einer Versuchsgruppe von 140.000 Empfängern dem Mahnschreiben eine Information darüber hinzu, wie viele Mitbürger in der Region ihre Steuern bereits bezahlt haben. Im Vergleich zur Kontrollgruppe, die weiterhin die gewöhnlichen Schreiben erhielt, lag die Zahlungsbereitschaft in der Versuchsgruppe um 15% höher.

Eine Schätzung der Steuerverwaltung kam laut Thaler zu dem Ergebnis, dass bei einer landesweiten Einführung, Mehreinnahmen von 30 Millionen Pfund möglich wären.

Thaler führt in seinem Beitrag noch weitere Beispiele auf, die ebenfalls eine Lektüre lohnen.

Ich finde diese Ansätze äußerst spannend und ich bin davon überzeugt, dass auch die Bundesregierung oder die Landesregierungen von einem solchen Team profitieren würden. Auch eine verstärkte Rekrutierung von Verhaltens- und Sozialwissenschaftlern und die Nutzung von experimentellen Designs zur Erprobung von politischen Maßnahmen wären sicherlich ein Schritt um Politikgestaltung in Deutschland zu verbessern.

Zum Beitrag in der New York Times

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